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ANGELA PREIS   -   MALEREI

PETER AUGUSTIN   -   SKULPTUR

Einführung von Anton Empl  (Eröffnung 4.8.2017, Röcklturm Landshut)

Als die Landschaftsmalerei sich im 18. Jahrhundert zu  einer selbstständigen Gattung entwickelte, lag sie in der Hierarche der Künste ganz unten, am weitesten entfernt von der Historienmalerei. Nach der akademischen Lehre war reine Landschaftmalerei ohne Staffagefiguren inhaltslos und damit unbedeutend. Sie sollte wenigstens mit dem Pathos belehrender, religiöser, idealisierender oder heroisierender Inhalte verbunden sein. Festzustellen allerdings ist auch, dass bei der Historienmalerei selbst die Landschaftdarstellung eine zunehmend wichtige Rolle als Stimmungsträger bekam: Denken wir dabei an den Rottmann-Zyklus oder die Historienbilder von Wilhelm v. Kobell, z. B. an die „Die Belagerung von Cosel“. Das Kriegsgeschehen lässt er im Morgendunst einer Landschaft untergehen und macht damit die Natur zum eigentlichen Sieger.

Der Horizont rutscht immer weiter nach unten, der Blick des Betrachters erhebt sich zum Himmel. Das dargestellte Geschehen soll damit sogar überhöht werden und  kosmische und dauerhafte Bedeutung bekommen.

Im Stillen hat sich in kleinformatigen Bildern dennoch damals schon eine Landschafts-malerei entwickelt, in welcher der Horizont gänzlich verschwunden ist, eine Malerei ohne verklärenden Blick, nach der unmittelbaren Naturbeobachtung. Ihr wurde allerdings  bestenfalls nur Studiencharakter zuerkannt. Neben den Engländern William Turner und John Constable war dies vor allem Georg von Dillis mit seinen über 350 Wolkenbildern. Sie blieben über zweihundert Jahre unbemerkt. Heute gelten diese als modern und zukunftsweisend, in der Wertschätzung liegen sie jetzt weit über der Historienmalerei.

Genau bei diesen kleinen Bildern liegt der Anknüpfungspunkt zu den Landschafts-darstellungen von Angela Preis. Wenn der Horizont bei ihren Bildern nicht gerade als Schnittstelle zwischen Himmel und Erde thematisiert wird, ist er aus dem Bild verschwunden: nach oben bei den Wasserbildern - nach unten bei den Wolkenbildern. Die Künstlerin reduziert die Landschaftsmalerei auf die Darstellung von Stimmungen, Atmosphäre, Licht und Strukturen. Erst der für die Moderne bezeichnende Reduktionismus lässt es zu, dass diese Darstellungfsformen als autonome Kunstwerke und nicht als Studien gesehen werden.

Dennoch: Studien gehen auch diesen Bildern voraus. Sie verbleiben im Atelier der Künstlerin. Ihre Vorgehensweise als Archäologin wird, wenn man es so sehen will, in den vielen Farbmischversuchen spürbar. Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Fotografie werden in den Bildern erkennbar, wo Augenblicke, Lichtreflexe und Bewegungen festgehalten und quasi eingefroren werden (vor allem bei den Wasserbildern). Als Vermessungs-Ingenieurin hat sie wohl auch die Grenzen von Messbarkeit in dieser Welt erfahren können. In ihren Bildern spielt gerade das Nichtmessbare und Grenzenlose, sowie das sich stetig Wandelnde eine wichtige Rolle. In der überzeugend technischen Umsetzung zeigt sich allerdings wieder die Akribie einer Wissenschaftlerin.

Die Malerei von Angela Preis basiert auf kunstgeschichtlichem Hintergrundwissen, das sie sich in ihrem Studium an der Kunstakademie erworben hat. Wenngleich ihre Arbeiten, wie schon erwähnt, eher an die zukunftsweisenden Tendenzen des 19. Jahrhunderts anschließen, spielen ihre Kenntnisse um moderne Tendenzen gerade auch in der Abgrenzung zu diesen eine wichtige Rolle: Erfahrungen mit der impressionistischen, tachistischen, aber auch der abstrakten Malerei mögen dabei mitspielen. Mit Wissen und Erfahrung und mit großem Bedacht setzt sie ihre Beobachtungen um. Das Malen wird zum meditativen Akt.

Das  Schauen ist, wie sie selber sagt, mindestens ebenso zeitaufwändig und wichtig wie das Malen selbst. Die Versunkenheit in die Erscheinungsformen der Natur bekommt eine bleibende malerisch überzeugende Form.

Zum ersten Mal zeigt die Künstlerin in dieser Ausstellung auch ihre Auseinandersetzung mit Erde. Damit setzt sie dem Atmosphärischen, der Veränderung von Luft und Wasser das Dauerhafte und Erdige dagegen.  Mit den Erdpigmenten entstanden Arbeiten auf Papier, aber auch dreidimensionale Kunstobjekte. Die mit einer ovalen Einfassung gerahmte Erde wirkt wie eine wertvolle Kamee, in der archetypischen Form eines Eies ist das Objekt eine Huldigung an die Mutter Erde.

Zu den Bildern von Angela Preis stehen auch die Skulpturen von Peter Augustin in einer spannungsvollen Beziehung. Bei ihr wird das Nichtgreifbare illusioniert und festgehalten, Peter Augustin schafft dagegen Greifbares, Körperhaftes und Haptisches.

Er bevorzugt bei seinen Skulpturen das Holz der Eiche, Pappel und Lärche. Er bearbeitet es mit Ketten- und Vibrationssäge, Stechbeitel und Klöpfel. Immer bleibt es dabei rissig, splittrig und schiefrig. Die dabei entstehenden Formen bekommen so etwas Wesenhaftes und  Lebendiges, nicht nur dann, wenn sie an menschliche Körper erinnern, auch wenn wir darin Boote, Brücken und oft auch Treppengebilde sehen. Vor allem letztere scheinen sich zu bewegen, sich am Sockel festzuklammern, ihn zu umspielen, sich zusammenzu-ziehen, sich nach oben oder unten zu strecken. Im Gegensatz zu den runden Formen der Körper dominieren hier die eckigen, quaderförmigen.

Holz ist ein hervorragender Farbträger, einige Skulpturen sind monochrom farbig gefasst und gewinnen somit nochmal an Lebendigkeit, noch dazu auch an Symbolkraft. Die gelbe Treppe auf der Einladungskarte bekommt damit ihre Leichtigkeit und scheint wie der Sonnenstrahl  auf den Wellen zu reiten.

Vor allem die weiß-gefassten kleineren Skulpturen von Peter Augustin lassen den Architekten spüren, der hinter dem Bildhauer steckt.  Viele seiner Arbeiten sind Modelle, genauer gesagt Denk-Modelle, welche die Augen und Gedanken der einfühlsamen Betrachter hinein-, hindurch-, hinab- und hinaufsteigen lassen. Die Treppen führen sie in die Unendlichkeit.

Es ist naheliegend bei manchen Skulpturen „Himmelstreppen“ zu sehen (s. Maren Martell, Augsburger Allgemeine v. 2.7.2016). Besonders dann, wenn Treppen in Bezug zu den Himmelbildern von Angela Preis präsentiert werden. Vor und neben den Wasserbildern wird der Rhythmus spürbar, der sowohl den Treppen als auch dem Wellengang innewohnt (siehe auch Einladungskarte).

So lässt sich in der überlegten Kombination der Werke immer wieder ein spannender Dialog erkennen.

Nicht zuletzt trägt auch die besondere Ausstellungssituation des Röcklturms  zum Erleben der Werke bei. Spürt der Besucher physisch das Treppensteigen in der Enge, wird er die Treppenskulpturen mit neuen Augen sehen; sein Körper kann sich bei der Betrachtung erholen, aber sein Geist wird beflügelt. Sieht er von der Enge des Raumes aus dann auf die Himmelbilder, können diese erst recht eine befreiende Wirkung entfalten.

Nur noch so viel: Beide Werkkomplexe sind zunächst unabhängig voneinander entstanden. Sie werden hier  in dieser spezifischen Raumsituation zusammengeführt und erprobt.

Lauschen Sie den leisen Dialogen, die dabei entstehen, und klinken Sie sich ein mit Ihren eigenen Gedanken.

Meine sollten dazu  Anregung sein.

Vielen Dank dafür, dass Sie ihnen gefolgt sind!

Ammerseekurier

Unabhängiges Heimatblatt für die Ammerseeregion

 

Taubenturm Dießen: Im Zwischenraum

Skulpturale und bildliche Raumerlebnisse zwischen Himmel und Meer

Nue Ammann  28. Juni 2016

 


Der Raum zwischen den Bildern von Angela Preis und den Skulpturen Peter Augustins wird zum Erlebnis für den Besucher. Foto: Ammann

Dießen – Eine hölzerne Treppe, aus mehreren Holzblöcken grob heraus gesägt, lässt den Blick nach oben klettern, vorbei an drei kleinen Ausschnitten eines pastellfarbenen Abendhimmels. Wie Blicke durch kleine Fenster hinaus ins Freie, in die endlose Weite des Himmels, nehmen sich die Bilder aus und setzen gemeinsam mit der davorstehenden Holzskulptur Assoziationen frei: von Freiheit und Anstrengung, von Schwerelosigkeit und Erdanziehung. Im Raum zwischen Himmel und Meer verortet das Künstlerpaar Angela Preis und Peter Augustin seine Werke, die in der aktuellen Ausstellung im Dießener Taubenturm zum ersten Mal gemeinsam gezeigt werden.

Angela Preis, die zusätzlich zu ihrer Ausbildung als Vermessungs-Ingenieurin an der Akademie der bildenden Künste in München studierte, beschäftigt sich in ihren Öl- und Acrylgemälden mit dem Thema Wasser in all seinen Aggregatszuständen.

Vor dem Hintergrund ihrer Gemälde von bewegten Wasseroberflächen und zart nuancierten Wolkenkompositionen positioniert Peter Augustin, seines Zeichens Architekt und Bildhauer, Holz- und Steinskulpturen, die in ihrer abstrahierten Gegenständlichkeit an Treppen, Boote, Frauenakte oder Brücken erinnern. Einigen seiner Arbeiten gehen kleine Gipsmodelle voraus, doch ist die Umsetzung in Holz und die damit einhergehende Vergrößerung der Arbeiten stets eine Art Neuschöpfung, denn nicht jede Komposition „funktioniert in jeder Größe“, so Peter Augustin.

Mit Ketten- und Vibrationssäge, Stechbeitel und Klöpfel bearbeitet er sein Hauptwerkmittel, Lerchenholz. Nur gelegentlich arbeitet der Bildhauer auch in Stein, der „mehr Widerstand bietet, und der Gestaltungsprozess daher etwas archaisches hat“. Seine Holzskulpturen sind nicht selten aus mehreren Teilen zusammengefügt, die miteinander verschraubt werden und dadurch mitunter auch mehr als eine finale Form zulassen.

Neben Wolkenkompostionen in zarten Farbschattierungen präsentiert Angela Preis in der Ausstellung im Taubenturm mehrere Gemälde mit bewegten, ruhigen oder stürmischen Wasseroberflächen.

Vollformatig konzeptioniert, setzt sich das Meer oder die Seeoberfläche gleichsam über den Bildrand hinaus fort und wird zum Sinnbild von Weite. Um die Struktur des sich stets bewegenden Wassers zu erfassen, ist es Angela Preis erste Aufgabe „viele Stunden mit Schauen zu verbringen“, wie sie erläutert, bevor sie zum Pinsel greifen kann.

Eine im dritten Stock hängende Serie belegt dieses langsame, beobachtende Herantasten an ihr Bildthema. In den sieben kleinformatigen Arbeiten liegen jeweils zwei dezent nuancierte Farbflächen horizontal aufeinander. Was im ersten Moment wie eine Studie zu Grautönen erscheint, entfaltet bei intensiverer Betrachtung seine tiefere Bedeutung: es ist eine Reihe malerisch gebannter Lichtveränderungen von Himmel und Meer, die in der Horizontlinie aufeinandertreffen.

Eine Gemeinschaftsausstellung, in der sich Arbeiten zweier Künstler so sehr verschränken, wie im Fall von Angela Preis und Peter Augustin, ist immer eine Herausforderung und ein Wagnis.

Doch im konkreten Fall ein durchweg geglücktes Unterfangen, denn hier stört oder übertönt kein Werk das andere, vielmehr treten die doch so unterschiedlichen Arbeiten in einen stummen Dialog. Der Raum zwischen Bildern und Skulpturen wird zum Erlebnis für den Besucher, der selbst weniger als Rezipient gefordert ist, sondern als Zuschauer eingeladen, ein harmonisches ‚Pas de Deux‘ zu genießen. Nue Ammann

Die Ausstellung „Zwischen Himmel und Meer“, im Dießener Taubenturm beim Marienmünster, ist noch bis Sonntag, 3. Juli, jeweils samstags und sonntags, zwischen 12 und 18 Uhr, geöffnet.

 

Augsburger Allgemeine

2016-07-02

Dießen

Treppen und Stege zum Himmel

Taubenturm Werke von Angela Preis und Peter Augustin

Von Maren Martell

 

Im Nichts endende Wolkentreppen. Die Arbeiten von Angela Preis und Peter Augustin sind derzeit im Dießener Taubenturm zu sehen.

Foto: Maren Martell

Was verbindet die Erde mit dem Himmel, das Meer mit dem Festland? Sind es die ins unendliche Nichts aufstrebenden Treppen- und Brückenobjekte von Peter Augustin? Seine etwas groben, mit der Motorsäge herausgearbeiteten Holzskulpturen erscheinen so gänzlich anders als die fast flüchtig wirkenden Arbeiten von Angela Preis. Doch auch wenn sich beide Künstler ganz unterschiedlicher formaler Mittel bedienen, so ergänzen sich ihre Bilder und Skulpturen in der aktuellen Ausstellung im Dießener Taubenturm doch auf wunderbare Weise.

So beginnt und endet die leuchtend gelbe „Himmelstreppe“ quasi im Nirgendwo, schwebt fast losgelöst im Raum und trifft doch auf die zarten Wolkenlandschaften.

Eine erste gemeinsame Ausstellung haben die beiden Künstler in Dießen gewagt. So formuliert es der Kulturhistoriker Thomas Raff in seiner begrüßenden Einleitung. „Ein Wagnis sicher!“ Doch wie es scheint, ein sehr gelungenes Experiment. Angela Preis ist eigentlich Vermessungsingenieurin. „Meer und Wasser hat sie quasi schon früh studiert.“ In Damaskus hat sie die Umayyaden-Moschee vermessen, in Jerusalem den Felsendom und längere Zeit war sie in Griechenland unterwegs. 1996 schloss sie ihr Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München ab. Heute lebt und arbeitet sie in Dorfen bei Erding, östlich von München. Erstmals waren ihre Arbeiten in der Ammerseeregion im vergangenen Jahr zu sehen, so im Herbst während des „Kleinen Formats“ in Dießen.

Seit mehr als 20 Jahren fertigt Angela Preis schon ihre „Horizontbilder“, beschäftigt sich mit den verschiedenen Aggregatzuständen von Wasser, egal, ob flüssig, als Nebel, Wolken, Schnee oder Eis. Im Taubenturm präsentiert sie vor allem ihre Meer- und Himmelbilder. Ihre Öl- und Acryl-Werke haben etwas Grenzenloses.

„Sie sind alle randlos, und man könnte sie sich weit über den Rand hinausgehend denken. Das ist eine ganz andere Auffassung von Raumtiefe, als man es von den klassischen Landschaftsmalern kennt“, erläutert Raff. Die Werke von Angela Preis strahlen dabei eine unglaubliche, ja fast meditative Ruhe aus, auch wenn auf ihren Bildern viel in Bewegung ist: so die flirrenden Lichtreflexe auf dem Wasser, die Wellenbewegungen, die fast wie eine Holzmaserung daherkommen, oder die vom Wind zerzausten, dahineilenden Wolkenfetzen.

Peter Augustin arbeitete lange als Architekt in München und hat seit 2006 sein Atelier in Landsberg. Seine berufliche Verortung ist auch in seinem künstlerischen Werk unverkennbar.

Am Ammersee ist es seine erste größere Ausstellung. Präsentiert hat er seine Arbeiten bislang vorwiegend in Landsberg, da unter anderem während der Kunstnacht. Im Taubenturm zeigt Augustin sowohl skulpturale Gebilde, die an menschliche Körper erinnern, als auch architektonische Gebilde wie Brücken, Stege oder Treppen. Teils arbeitete er seine Werke mit der Kettensäge heraus, teils auch mit dem Stemmeisen aus dem Holzblock. Seine bevorzugten Materialen sind dabei die Hölzer der Eiche, Pappel und Lärche.

Öffnungszeiten im Taubenturm noch am 25./ 26. Juni sowie 2./3. Juli, jeweils von 12 bis 18 Uhr.

In Internet

www.heimatverein-diessen.de

Westdeutsche Zeitung

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